WM-Fahrer lassen ihre Muskeln spielen

Noch nie in seiner Vereinsgeschichte war der Bessel-Ruder-Club bei einer Weltmeisterschaft mit einem Trainer und drei Athleten vertreten. Einer davon kämpft aber noch um seinen Platz im Boot.

Minden () Aus zwei mach vier: Seit Anfang Juni steht fest, dass Martin Hohage und Collin Liebe zur Ruder-Nationalmannschaft für die U19-Weltmeisterschaft in Kanada gehören. Das Duo vom Bessel-Ruder-Club (BRC) hatte sich mit einem dritten Platz bei der Deutschen Ranglistenregatta der A-Junioren im Zweier ohne Steuermann dafür qualifiziert. Doch plötzlich war das Mindener WM-Team doppelt so groß, da Steuermann Sadeepa Jagoda und Trainer Björn Bierwirth vom Deutschen Ruderverband (DRV) nachnominiert wurden.

An diesem Montag geht die Reise los. Von Frankfurt aus fliegen die vier Mindener nach Toronto. Dort bezieht die gesamte U19-Nationalmannschaft ein dreieinhalbwöchiges Trainingslager. Die Athleten und Trainer leben in dieeser Zeit in einem Studentenwohnheim der University of Western Ontario in London, einer der ältesten Universitäten Kanadas. Trainiert wird auf dem künstlich angelegten Fanshawe Lake, wo sich auch das Trainingszentrum der kanadischen Ruderinnen-Nationalmannschaft befindet. Normalerweise bereiten sich die deutschen Athleten in Grünau auf internationale Wettkämpfe vor. Zurzeit wird die Anlage dort aber renoviert, so dass die Anreise zum Wettkampfort deutlich früher erfolgt.

Sadeepa Jagoda ist der erfahrenste Mindener WM-Fahrer. Bereits 2022 steuerte das 1,60 Meter große Kraftpaket bei der U19-WM im italienischen Varese den Vierer mit Steuermann und wurde Sechster. Im vergangenen Jahr führte er den Achter auf der Olympiastrecke in Paris zu Silber. Auch in Kanada wird der 18-Jährige wieder im Großboot sitzen. Diesmal musste Jagoda allerdings um seinen Platz bangen. Der BRC-Athlet hätte den NRW-U19-Achter bei den Deutschen Jugendmeisterschaften (DJM) zum Sieg führen müssen, um sich direkt zu qualifizieren. „Wir hatten das Potenzial für den ersten Platz, aber die ganze Mannschaft war nicht richtig fit“, erzählt der Steuermann. Aber schon einen Tag später erfuhr er von seiner Nominierung. Nun freut sich Jagoda auf Kanada. „Es ist cool, dass wir gleich mit vier Athleten den BRC bei einer Weltmeisterschaft präsentieren werden“, sagt er. Cool findet er auch, dass die Athleten aller Nationen während der Wettkämpfe gemeinsam in einem Hotel wohnen. „Das ist wie ein Olympisches Dorf im Kleinen“, sagt er.

Während Jagoda bereits auf eine gehörige Portion WM-Erfahrung zurückgreifen kann und sich sicher ist, nicht mehr so nervös zu sein wie in den vergangenen Jahren, werden Martin Hohage und Collin Liebe die besondere Atmosphäre zum ersten Mal erleben. „Als ich mit dem Rudern angefangen habe, war es mein Ziel, einmal an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Aber das ist für mich schwer zu realisieren. Ich glaube, das werde ich tatsächlich erst in Kanada schaffen“, erzählt der BRC-Athlet, der bereits im vergangenen Jahr beim Baltic Cup für die Nationalmannschaft an den Start ging. Bei der WM sitzt Hohage im Vierer ohne Steuermann.

Dort sollte auch Liebe seinen Platz einnehmen. Allerdings verpasste der 17-Jährige krankheitsbedingt die für die Mannschaftsbildung wichtige DJM. „Das ist echt schade, weil es zum einen mit Collin sehr viel Spaß gemacht hat und zum anderen wir sehr schnell unterwegs waren“, bedauert Hohage. Für Liebe war es der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, krank zu werden. „Das ist einfach unglücklich gelaufen“, sagt er. Nun kämpft der 17-Jährige mit zwei anderen Athleten um den letzten freien Platz im Achter. Ob es für den Mindener reicht oder ob er nur der Ersatzmann ist, wird sich in Kanada nach einigen Trainingseinheiten zeigen. „Für mich ist es aber schon ein Erfolg, dass ich mich für die WM qualifiziert habe“, sagt der Mindener, „damit habe ich Anfang des Jahres nicht gerechnet.“ Er sei einfach dankbar, als Athlet des jüngeren Jahrgangs bereits internationale Wettkampferfahrung sammeln zu dürfen.

Als Trainer für den Vierer ohne Steuermann springt Björn Bierwirth ein, da Thorsten Kortmann kurzfristig absagen musste. „Das war schon eine Überraschung“, sagt der 28-Jährige. Die Chancen der Mindener Athleten kann der Trainer noch nicht einschätzen: „Wir werden erst vor Ort sehen, wie stark die anderen Nationen sind. Das ist bei Junioren-Weltmeisterschaften immer der Fall“, sagt er, „erstes Ziel ist es, ins Finale zu kommen. Dann sehen wir weiter.“

 

1681: Der Bundesadler auf der Brust: Collin Liebe (von links), Steuermann Sadeepa Jagoda und Martin Hohage freuen sich auf die Weltmeisterschaft in Kanada.

 

Foto: Christian Schwier

Text: Astrid Plaßhenrich