Sadeepa steuert den Deutschlandachter

Das Training ist hart und der Tag durchgetaktet

Berlin () Sadeepa Randiv Jagoda hatte in den Sommerferien viel zu tun: In der ersten Woche standen für den Steuermann des Bessel-Ruder-Clubs die Deutschen Jugendmeisterschaften an – mit dem perfekten Ausgang. Der 17-Jährige gewann zwei Gold-, eine Silber- und eine Bronzemedaille. Der Lohn: Der Deutsche Ruderverband (DRV) nominierte den Mindener für die U19-Weltmeisterschaft in Paris. Das hatte allerdings zur Folge, dass Jagoda den gesamten Juli im Trainingslager in Berlin-Grünau verbrachte. Jetzt steht in der ersten Augustwoche die WM an – und unmittelbar danach muss der Gymnasiast am Montag wieder zur Schule.

Während der Mindener Anfang August in sein letztes Schuljahr startet, können viele seiner Nationalmannschaftskollegen nach der WM noch in den Urlaub fahren. Dem Mindener macht das aber überhaupt nichts aus. Im Gegenteil: Für ihn ist es ein Privileg, in Paris für Deutschland zu starten. „Und es ist eine Ehre, dort den Bessel-Ruder-Club zu vertreten“, sagt der 17-Jährige.

Eine Ehre ist für ihn auch, dass er den U19-Deutschlandachter steuern darf. Schließlich ist der das Aushängeschild des DRV, die Königsklasse. In der Vergangenheit war der Steuermann für die WM gesetzt, der auch das Großboot bei der Deutschen Jugendmeisterschaft zu Gold geführt hat. Das war Sadeepa Jagoda. Doch in diesem Jahr waren für die Bundestrainer andere Kriterien ausschlaggebend. „Es ging nicht nur darum, die perfekte Linie zu treffen, sondern auch um die Qualität von Aussagen oder das Umsetzen der Taktik“, erklärt der BRC-Athlet. Nach der Auswertung der Daten war dann klar: Der Mindener wird auch in Frankreich im Achter seinen Platz haben.

Für Jagoda ist es bereits die zweite U19-WM. Im vergangenen Jahr steuerte der Schüler den Vierer mit Steuermann, der am Ende auf Platz sechs kam. Der Achter feierte 2022 den WM-Titel in der Weltbestzeit von 5:33,43 Minuten über die 2000 Meter. Auf die Titelverteidigung arbeiten die Kaderathleten seit Anfang Juli hin. „Aber das wird sehr schwer. Und es ist schwierig, die Chancen einzuschätzen“, sagt der Steuermann. Schließlich werden die Boote von Jahr zu Jahr neu besetzt. „Aber“, meint Jagoda, „im Training kamen wir nah an die Zeit des Vorjahres heran.“

Überhaupt das Training. Das ist in Grünau im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick hart – und der Tag durchgetaktet. Um 5.30 Uhr klingelt Jagodas Wecker, 30 Minuten später steht die erste Gymnastikeinheit an. Um 6.30 Uhr geht es aufs Wasser: 20 Kilometer werden auf der Dahme gerudert. Erst danach wird gefrühstückt, um 10.30 Uhr ist das 80-minütige Krafttraining angesetzt. „Ich mache alle Einheiten mit“, sagt der Mindener, „das ist gut für das Teamgefüge.“ Nach dem Mittagessen und einer Pause wird am Nachmittag noch einmal eine 16 Kilometer lange Strecke gerudert.

Und Jagoda wäre nicht Jagoda, wenn er sich nicht noch zwischendurch auf den Ergometer setzen würde. Das Kraftpaket hat bei einer Größe von 1,60 Meter und 50 Kilogramm Gewicht einen Körperfettanteil von unter sieben Prozent. Zum Vergleich: Toni Kroos, erfolgreichster deutscher Fußballer aller Zeiten in Diensten von Real Madrid, hatte nach eigenen Angaben im Podcast „Einfach mal luppen“ zum Trainingsstart der Madrilenen einen Körperfettanteil von 8,6 Prozent. Da ist der Gymnasiast aus Minden also einen Tick besser als der millionenschwere Fußballprofi. Jagoda gibt aber zu, dass er abends auch immer sehr müde sei. „Das ist schon fordernd“, sagt er.

Wichtiger als die körperliche Fitness ist für den 17-Jährigen allerdings seine Weiterentwicklung als Steuermann. „In der Hinsicht habe ich gute Fortschritte gemacht“, sagt Jagoda. Dazu zählen sowohl die Steuertechnik als auch konkretere Ansagen. Er habe aber vor allem ein noch besseres Gefühl für das Boot und für das Rudern seiner Mannschaft bekommen. „Wenn nicht alles passt, arbeiten die Kräfte gegeneinander. Das kann ich inzwischen schnell korrigieren.“

Am Montag geht es dann endlich los. Von Berlin fliegt die deutsche Rudermannschaft nach Paris. „Dann wird auch meine Aufregung steigen“, sagt der Mindener. Die Weltmeisterschaft beginnt am Mittwoch an einem besonderen Ort: Im Vaires-sur-Marne Nautical Stadium werden im kommenden Jahr olympische Wettbewerbe ausgetragen. Die U19-WM kann mit einer Generalprobe gleichgesetzt werden. Die Vorläufe für den Achter sind am Donnerstag, die Hoffnungsläufe am Freitag und das Finale am Sonntag.

Wenn Jagoda ins Boot steigt, wird auf der Tribüne sein persönlicher Fanclub sitzen: Seine Eltern Jayasumana und Nayananjali werden ebenso dabei sein wie seine Brüder Nisith und Janith sowie die BRC-Trainer Björn Bierwirth und Laura Korte.

Sadeepa Randiv Jagoda freut sich ungemein über die Unterstützung aus Minden – und er freut sich auf die WM. Die möchte er sich gerne mit einer Medaille versüßen. Dann hätte sich seine Arbeit doppelt und dreifach gelohnt.

Sadeepa startet zum zweiten Mal bei einer U19-WM.

 

Gemeinsam für Deutschland: Steuermann Sadeepa Randiv Jagoda ist zusammen mit Daniel Hopf (von links), Jannes Korthals, Bilal Hamini, Moritz Müller, Leo Fischer, Lasse Junge, Tom Olbrich und Franz Rudolph das Team für den U19-Deutschlandachter.

 

Fotos: Christian Schwier